📘 Fachlicher Hintergrund: Der Schnabel des Weißstorches (Ciconia ciconia)
Der Schnabel des Storches ist ein faszinierendes multifunktionales Werkzeug, das sich perfekt an das Leben dieses Großvogels angepasst hat. Er ist nicht nur für die Nahrungsaufnahme zuständig, sondern übernimmt auch kommunikative, soziale und temperaturregulierende Aufgaben. An besonders heissen Tagen dient der Schnabel für die Jungstörche auch als prima „Gieskanne“ und kann somit eine Wasserdusche bieten. Als pädagogische Fachkraft lohnt es sich, mit Kindern gezielt auf diese Besonderheit einzugehen – denn der Schnabel lässt sich hervorragend in verschiedenen Bildungsbereichen verankern.
🧬 Aufbau und Material
- Der Schnabel besteht aus einem langen, spitzen Ober- und Unterschnabel, die den verlängerten Ober- und Unterkiefer des Schädels bilden.
- Überzogen ist er mit einer Hornschicht, dem sogenannten Rhamphotheca – ähnlich dem Material unserer Fingernägel oder Hufe bei Pferden.
- Beim Weißstorch ist der Schnabel etwa 19–20 cm lang, gerade und leuchtend rot gefärbt, besonders in der Brutzeit intensiv.
- Der Hornschnabel ist sehr widerstandsfähig, aber nicht unbegrenzt hart: Bei Stürzen oder Kollisionen kann er brechen oder sich abnutzen – besonders bei Jungvögeln oder unerfahrenen Tieren. Auch gibt es Fehlstellungen. Dazu komme ich am Ende des Artikels mit freundlicher Genehmigung von der Vogelschutzwarte Storchenhof Loburg. Ausserdem gibt es am Ende ein Video vom Storchennest Fohrde auf welchem man sehr gut das Klappern eines Storches hören kann. Ziemlich laut 😉

🔧 Funktion

- Nahrungsaufnahme
Der Storch frisst vor allem Amphibien (Frösche, Kröten), Insekten, Würmer, kleine Säugetiere oder Reptilien. Mit seinem Schnabel stochert und greift er diese aus Wiesen, Flachwasser oder frisch gemähten Feldern. - Nestbau und Pflege
Mit dem Schnabel trägt, schichtet und richtet er Äste und Zweige. Auch das Reinigen des Nestes sowie das Pflegen der Küken und des Gefieders erfolgen über den Schnabel. - Kommunikation – das „Klappern“
Störche besitzen keine ausgebildeten Stimmbänder und können nicht rufen oder singen wie viele andere Vögel.
Stattdessen klappern sie: Sie schlagen die Schnabelhälften schnell aufeinander. Das ist für Jungtiere, Partner oder Rivalen ein akustisches Signal – vergleichbar mit Sprache oder Mimik bei Menschen. Das Klappern ist z. B.- eine Begrüßung unter Partnern
- ein Abwehrverhalten gegenüber Eindringlingen
- oder eine Balzhandlung
- Wärmeregulation (Thermoregulation)
Unter dem Schnabel befindet sich der sogenannte Kehlsack – ein dehnbarer Hautbereich. Wenn Störche hecheln, pumpen sie durch Muskelbewegungen Luft durch diesen Bereich, um sich abzukühlen – ähnlich wie Hunde beim Hecheln.
📚 Pädagogische Relevanz
- Der Schnabel des Storches ist ein ideales Beispiel für Anpassung an den Lebensraum.
- Er lässt sich mit Alltagsgegenständen vergleichen (Zange, Pinzette, Kochlöffel) und bietet somit kindgerechte Zugänge zur Naturwissenschaft.
- Über den Schnabel lassen sich Themen wie Kommunikation ohne Worte, Werkzeuge der Natur, Tierpflege und Brutpflege sowie Hitzeverhalten bei Tieren anschaulich erarbeiten. Wie immer aufgestaffelt in die drei Hauptbereiche für KinderTagesStätten / Kinderhäuser, aber auch Schulkinder.
🍼 Krippe (0–3 Jahre)

👶 „Der Schnabel: Damit kann der Storch klappern!“
- Der Schnabel vom Storch ist lang und rot.
- Damit kann er Klapper-Geräusche machen – wie ein Klack-Klack!
- Er benutzt ihn wie eine Zange: zum Essen und Sachen tragen.
- Der Schnabel fühlt sich an wie ein harter Holzlöffel.
- Wenn es dem Storch zu heiß ist, macht er den Schnabel auf und atmet schnell – wie ein Hund, der hechelt.
🧠 Pädagogischer Fokus:
- Sprachförderung durch einfache Begriffe: „lang“, „rot“, „klack“.
- Sinneserfahrung durch Tasten und Hören (z. B. mit Holzlöffeln klappern).
- Nachahmung fördert Motorik und Emotionen: „Mach mal wie der Storch!“
🎨 Ideen für die Praxis:
- Zwei Holzlöffel geben → Klappern nachahmen.
- Bilderbuch mit Storchenbildern.
- Schnabel basteln aus Papier für Rollenspiel.
🎒 Kindergarten (3–6 Jahre)

🧒 „Was kann der Storch mit seinem Schnabel alles machen?“
- Der Schnabel ist so lang wie ein Lineal (etwa 20 cm).
- Er ist glatt, hart und rot – und hilft dem Storch beim Fressen, Tragen und Klappern.
- Störche machen kein „Piep“ – sie klappern mit dem Schnabel, um „Hallo!“ zu sagen.
- Mit dem Schnabel kann der Storch Frösche fangen – wie mit einer Zange oder Pinzette.
- Unter dem Schnabel hat er eine dehnbare Haut – das nennt man Kehlsack. Wenn es warm ist, hechelt der Storch.
🧠 Pädagogischer Fokus:
- Sprachentwicklung durch Begriffe wie „Kehlsack“, „klappern“, „Werkzeug“.
- Vergleichendes Denken: „Was ist bei uns wie der Schnabel?“ (Zange, Pinzette).
- Naturverständnis: Warum können Störche nicht singen?
- Feinmotorik und Bewegung: Nachspielen mit Zangen oder selbstgebasteltem Schnabel.
🎨 Ideen für die Praxis:
- Bastelt einen langen Schnabel aus Pappe.
- Fangspiel mit Zangen und „Fröschen“ aus Filz.
- Klangexperiment: Welcher Gegenstand klappert wie der Storch?
- Rollenspiel „Storchenfamilie“.
📚 Schulkinder (ab 6 Jahren)

🧑🎓 „Der Schnabel – ein echtes Allroundwerkzeug des Storches“
- Der Schnabel ist ca. 20 cm lang, aus Horn (wie Fingernägel) und schützt den Kieferknochen.
- Er ist rot, fest, aber nicht scharf – eher wie ein glattes Holzlineal.
- Er hilft beim Fressen von Fröschen, Mäusen, Insekten, beim Nestbauen und natürlich beim Klappern, das bei Störchen als Sprache dient.
- Störche haben keine Stimme – sie klappern, um sich zu begrüßen, zu warnen oder zu beeindrucken.
- Der Kehlsack hilft beim Hecheln, wenn es heiß ist, und macht das Atmen leichter.
🧠 Pädagogischer Fokus:
- Sachwissen über Biologie und Körperbau von Vögeln.
- Vergleiche zur menschlichen Anatomie (z. B. Kiefer – Schnabel, Stimme – Klappern).
- Kritisches Denken: Warum ist der Schnabel für das Überleben so wichtig?
- Techniktransfer: Wie funktionieren Werkzeuge wie Zangen – und was haben sie mit dem Schnabel gemeinsam?
🎨 Ideen für die Praxis:
- Forscherstation mit verschiedenen Materialien: Was fühlt sich wie ein Schnabel an?
- Messen von 20 cm: So lang ist ein Schnabel!
- Tierverhalten beobachten: Klappern im Livestream erklären.
- Quiz: Wofür nutzt der Storch seinen Schnabel?
Abschliessend noch für Erwachsene die etwas kurzgehalten über Erkrankung und Fehlstellung erfahren möchten. Hier nur Auszüge. Danke an dieser Stelle an die Vogelschutzwarte Storchenhof Loburg für das Verwenden des Bildmaterials.
1. Fehlstellungen des Schnabels
🔸 Kreuzschnabel (Scissor Beak / Crossbill)
- Überkreuzung von Ober- und Unterschnabel durch asymmetrisches Wachstum.
- Ursache: genetisch, entwicklungsbedingt oder durch Trauma.
- Folge: erschwerte Nahrungsaufnahme, oft schlechte Prognose in freier Wildbahn.
- 📚 Quelle: Penelope Jenni-Eiermann, Schweizerische Vogelwarte Sempach, „Erkrankungen bei Wildvögeln“ (2014)
🔸 Offener Schnabel (Open Beak)
- Fehlende vollständige Schnabelschließung.
- Mögliche Ursachen: Muskelschäden, neurologische Störungen, Entwicklungstrauma.
- Kann zu Unterernährung führen.
- 📚 Quelle: H. Müller & W. Wüst, „Storchenmedizin in der Rehabilitation – Fälle aus der Praxis“, in: Avian Pathology Journal, Bd. 41 (2017)
2. Verletzungen des Schnabels
🔸 Frakturen & Brüche
- Häufig durch Anflugtraumata (z. B. Stromleitungen, Windräder).
- Versorgung: Schienung, Klebung, Kunstharzbehandlung.
- 📚 Quelle: NABU Bundesverband: „Verletzte Wildvögel – Hilfe und Behandlung“, 2021
🔸 Abnutzung & Rhamphotheca-Schäden
- Ältere Störche zeigen häufiger Abnutzung durch harte Böden.
- Horn regeneriert sich langsam – bei Mangel (z. B. Biotin, Kalzium) verzögert.
- 📚 Quelle: Dr. Gabriele Müller, „Schnabelwachstum und Hornstruktur bei Großvögeln“, Vogelklinik Leipzig, 2020
3. Infektionen und Erkrankungen
🔸 Mykosen (Pilzbefall)
- Vor allem bei geschwächtem Immunsystem oder in nassen Nestern.
- Sichtbar durch Beläge, Schwellungen oder Juckreiz.
- 📚 Quelle: Veterinary Mycology – Fungal Diseases in Birds, Springer Verlag, 2015
🔸 Bakterielle Entzündungen & Nekrosen
- Komplikation bei offenen Schnabelverletzungen.
- Unbehandelt können Gewebeschäden entstehen.
- 📚 Quelle: Avian Disease Manual, 7th Edition (AAAP), Kapitel „Beak Lesions“
4. Pigmentierungs- oder Wachstumsstörungen
📚 Quelle: Jenni & Kéry: „Biologie und Ökologie des Weißstorches“, Vogelwarte Sempach, 2012
Farbveränderungen (z. B. blass statt rot) oft durch Hormonmangel oder Vitaminmangel.
Kalzium, Vitamin D3 und UV-Licht sind essenziell für Hornwachstum und Färbung.
Es folgen nun Bilder eines Storches, der in Loburg aufgenommen wurde, welcher eine sehr starke Fehlstellung aufzeigt. Die Ursache ist nicht ganz klar. Es kann sich um einen verfestigsten Matschklumpen handeln. Aber auch andere Ursachen sind möglich.
Bei diesen Bildern sieht man die Fehlstellung vor der physischen Barriere.



Und hier ein Bild ebendieser Barriere und die bisher erzielten Erfolge.



Versorgung – Pflege – Patenschaften in Loburg
Wenn ein Storch krank, verletzt oder mit einer Schnabelfehlstellung gefunden wird, ist schnelle Hilfe entscheidend. In Deutschland gibt es nur wenige spezialisierte Stationen, die solche Tiere dauerhaft aufnehmen und pflegen können.
Eine der bekanntesten Einrichtungen ist die:
🕊️ Storchenpflegestation Loburg (Sachsen-Anhalt)
- Hier werden verletzte Wildstörche medizinisch versorgt, z. B. nach Stromschlägen, Brüchen oder Fehlstellungen.
- Die Tiere erhalten artgerechtes Futter (u. a. Mäuse, Küken, Fisch, Insekten) und ein spezielles Aufbautraining mit kontrollierten Ausflügen.
- Jährlich finden dort auch Fahrten zur Auswilderung statt – insbesondere für Jungtiere, die in freier Wildbahn geboren wurden, aber nicht ohne Hilfe überleben könnten.
💛 Störche in Loburg kann man auch „bepaten“
Viele der Langzeitbewohner haben einen eigenen Namen – darunter auch Tiere mit besonderem Schicksal.
Mit einer Patenschaft unterstützt man nicht nur die Pflegekosten, sondern erhält auch regelmäßig Infos zu „seinem“ Tier. Zudem ist die Patenschaftsgebühr eine Spende an den Hof und dadurch steuerlich absetzbar.
Gut zu Wissen auch: Hat der Storch noch keinen Namen, darf der Erstspender sich für einen Namen entscheiden und, sofern möglich, „seinen“ Storch dann anschliessend Auswildern. Zur Auswilderung in Loburg verfasse ich beizeiten einen eigenen Artikel, da ich dies schon erleben durfte.
👉 Hier geht’s zu den aktuellen Patentieren im Shop:
https://shop.storchenhof-loburg.de/Patentiere
Und hier noch das Video vom Storchennest Fohrde. Das Klappern gehört zum Handwerk: